Filmkritik: Victoria & Abdul

Filmkritik: Victoria & Abdul

Victoria & Abdul erzählt die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft. Queen Victoria und ihr “Munshi” Abdul Karim beweisen, dass Freundschaft keine Grenzen kennt.

3.5 von 5 Popcorntüten

Die Handlung von “Victoria & Adbul”

Im Jahr 1887 feiert Queen Victoria (Judi Dench) in London bereits ihr 50. Thronjubiläum. Im Rahmen der Festlichkeiten wird der britischen Monarchin, die auch die Kaiserin von Indien ist, von zwei indischen Bediensteten ein Mohur, eine indische Goldmünze, überreicht. Zur Verwunderung ihrer Familie und Berater, ist sie vor allem von dem großen, gut aussehenden Inder Abdul Karim (Ali Fazal) angetan, woraufhin er und sein Landsmann in die Dienerschaft des königlichen Hofes aufgenommen wurden.

Die eigensinnige und distanzierte Königin blüht in der Gesellschaft von Abdul sichtbar auf. Abdul stellt sich als ein inspirierender Gesprächspartner heraus, der ihre seine Kultur näher bringt und ihr damit zeigt, dass sie noch viel über die Menschen im Britischen Empire lernen kann. So erhebt sie Abdul nach kurzer Zeit aus dem Bedienstetenverhältnis und kürt ihn zu ihrem “Munshi” – ihrem Lehrer. Es entwickelt sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden Menschen unterschiedlicher Herkünfte und Klassen. Eine Freundschaft, die bei der Entourage am Hofe auf Misstrauen trifft und Neid hervorruft.

"Victoria & Adbul"

Mein Fazit

Victoria & Abdul erzählt eine lang verschleierte Geschichte aus dem britischen Königshaus. Erst im Jahr 2001 stieß die Autorin Shrabani Basu erstmals auf die Geschichte von Queen Victoria und ihrem “Munshi”. Während ihrer Recherche zu einem Buchprojekt über die Geschichte des Curry, fielen ihr zwei Porträts und eine Büste aus Bronze in Victorias Sommeresidenz auf der Isle of Wight ins Auge, die einen indischstämmigen Mann zeigten. Als sie 2006 in den schottischen Highlands das “Karim Cottage” besuchte, das Victoria einst für Abdul bauen ließ, wurde Basu klar, dass der mysteriöse Inder eine besondere Bewandtnis hatte. Sie machte sich auf die Suche nach der Geschichte und fand Tagebücher, die auf Urdu verfasst wurden und in den königlichen Archiven aufbewahrt wurden. Alle anderen Schriften wurden von Kronprinzen Edward “Bertie” vernichtet, um die Freundschaft zwischen seiner Mutter und dem Inder geheim zu halten. Ein weiteres von Abdul geführtes Tagebuch fand Basu in Karachi in Pakistan. Die Einzelheiten, die das Tagebuch enthielt, reichten schließlich aus, sodass Basu das Buch “Victoria & Abdul: The True Story of The Queen’s Closet Confidant” schrieb, das als Vorlage für die Verfilmung diente.

The One and Only – Judi Dench

Für Regisseur Stephen Frears (“Die Queen”, 2006) gab es nur eine wahre Besetzung für Queen Victoria: Judi Dench (“Tulpenfieber“, 2017). Da Dench aber bereits die Queen Victoria in “Ihre Majestät Mrs. Brown” von 1997 verkörperte, drohte er mit einer Absage. Dench war jedoch gerade aus diesem Grund sehr angetan von der Idee: “Ich fand es eine sehr schöne Idee. Ich hatte mich seinerzeit sehr intensiv mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt und weil ich meine Hausaufgaben schon bei Ihre Majestät Mrs. Brown gemacht hatte, warum sollte ich da nein sagen? Ich halte Victoria für eine ganz bemerkenswerte Persönlichkeit, und diese Geschichte, die ja gerade erst ans Licht der Öffentlichkeit gekommen war, ist einfach unwiderstehlich.” Zum Glück sah Dench dies so, denn es hätte keine bessere Besetzung geben können. Dench gelingt es die Nonchalance und Unberechenbarkeit, die der Königin im höheren Alter nachgesagt wird, perfekt auf die Leinwand zu bringen. Selbst optisch ähnelt Dench hergerichtet, der etwas korpulenteren von Rheuma geplagten Monarchin. Der Schauspielerin gelingt es Emotionen und Gefühle originalgetreu zu transportieren und beeindruckt erneut durch ihre Authentizität.

Never skip tea time. ☕️ #VictoriaAndAbdul

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Wo sind die Emotionen Abdul?

Leider kann der junge indische Schauspieler Ali Fazal (“Fast & Furious 7”, 2015) als Karim Abdul leider nicht mithalten. Für die Rolle suchte die Produzentin Beeban Kidron (“Amy Foster – Im Meer der Gefühle”, 1997) ein “frisches, unverbrauchtes Gesicht”. Das hat sie in Fazal gefunden, der zwar in Indien bereits sehr bekannt ist, in den westlichen Gefilden jedoch eher ein unbeschriebenes Blatt ist. Auch in punkto “charmant und gutaussehend” kann Fazal punkten, jedoch lassen seine schauspielerischen Qualitäten schwer zu wünschen übrig, wenn es darum geht, gefühlte Emotionen, Gefühle zu zeigen. Stattdessen wirkt er durchgehend wie der Strahlemann, der zu Beginn des historischen Dramas vorgestellt wird. Durch sein etwas “diffuses” Acting, wird die Beziehung zwischen “Munshi” und Königin etwas undurchsichtig. Ging es zwischen den beiden nun um Freundschaft oder gar mehr? Aber vielleicht ist diese Fragestellung bewusst etwas offen gehalten.

That’s a good bake. #VictoriaAndAbdul

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Willkommen im 19. Jahrhundert

Die Kulisse, die Kostüme, die Schlösser, jedes Detail ist in Victoria & Abdul auf das Zeitalter der Monarchin abgestimmt. Trotzdem wollte der historische Funke nicht ganz zu mir überspringen. Ich habe mich nicht so richtig in die Zeit zurückversetzt gefühlt. Irgendwie fehlte mir die “Magie”.

Ein lehrreiches Drama

Unter dem Strich bleibt jedoch ein historisches Drama, das vor allem eins ist: lehrreich. Die bisher unbekannte Freundschaftsgeschichte zwischen Königin Victoria und dem Inder ist heute so aktuell wie damals. Ich finde es äußerst interessant, dass schon damals eine Frau ihres Standes, sich mit einem einfachen, indischen Diener anfreunden konnte – über Rassen und Klassen hinweg. Und wie die Entourage der Königin sich gegen diese einzigartige Freundschaft gestellt hat. Sogar versucht hat, diese besondere Beziehung aus der Geschichte zu streichen. Fast wäre es ihnen gelungen, doch Shrabani Basu ist ihr auf die Schliche gekommen und Stephen Frears hat sie auf die Leinwand gebracht. Wer sich für die Geschichte des britischen Könighauses interessiert, sollte sich diesen Film auf keinen Fall entgehen lassen. Auch für alle, die gerne beim Filmgucken noch etwas lernen, sollten sich Victoria & Abdul ansehen. Wer auf der Suche nach seichter Unterhaltung ist, ist hier aber auf jeden Fall fehl am Platz.

“Victoria & Abdul” jetzt auf Blu-ray, DVD und als VoD.*

PS: An alle Harry Potter Fans: Kommt euch der Prime Minister nicht auch bekannt vor? 😉

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3 comments

  1. Jacqueline

    Liebe Jil

    Wir überlegen oft, welchen Film wir schauen könnten und um solche Berichte, wie Du geschrieben hast, bin ich sehr sehr dankbar!

    Ich finde die Handlung interessant, mal schauen ob es meinem Mann auch so geht!? ;oD

    Hab einen schönen Tag!

    xoxo
    Jacqueline

    1. Jil

      Zu euren Diensten 😉 Dann überzeuge Deinen Mann mal und habt viel Spaß beim Gucken 🙂 Dir auch einen schönen Tag!

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