Reisebericht: 10. Tag Island – Die Hauptstadt Reykjavík
Nach acht Tagen Landschaft pur, geht es für uns heute zurück in die Zivilisation: In Islands Hauptstadt Reykjavík! Dazu starten wir allerdings relativ unmotiviert in den Tag. Kann uns eine Stadt in mitten dieser Schönheit jetzt noch faszinieren? Ganz ehrlich, ich glaube es kaum. So starten wir eine gute halbe Stunde später als wir eigentlich vor hatten in die Stadt. Und der Start verläuft auch nicht ganz so wie geplant. Insgesamt soll die Fahrt nämlich gerade einmal 15 Minuten dauern. Da wir aber ein paar wichtige Utensilien, wie den geladenen Kameraakku, in unserer Unterkunft vergessen haben, müssen wir noch einmal umdrehen und begegnen hier zum ersten Mal einem echten Isländer…
Habe ich etwas falsch gemacht?
Isländer sparen gerne an Straßen und Brücken. So gibt es nicht nur auf dem Land immer wieder Spurverengungen sowie einspurige Brücken und Tunnel, sondern auch in den 30er Zonen der Stadt können oft nur Autos aus einer Richtung Straßen passieren. Beim Drehen stoßen wir auf eine solche Situation bei einem Zebrastreifen. Beide Richtungen sind gleichberechtigt. Wir aus Deutschland kennen es dann ja so, dass derjenige, der zu erst kommt, auch zu erst fährt und die Autos, die unmittelbar dahinter stehen bzw. fahren, folgen, wenn der vordere noch nicht durch ist. Genauso war es bei uns. Das Auto vor mir hat die Verengung noch lange nicht verlassen, da folge ich einfach. Etwas mehr als eine Autolänge vor Ende der Verengung, verlässt das Auto vor mir die Begrenzung und das Auto aus der anderen Fahrtrichtung kommt mir einfach entgegen. Also bremse ich natürlich und gucke den Fahrer sehr verwundert an. Dieser kuscht mich einfach davon. Also wirklich mit so einer abfälligen Handbewegung kusch kusch. In der Annahme, ich hätte was falsch gemacht, bin ich natürlich rückwärts wieder raus, obwohl mein Weg wesentlich länger war, als seiner gewesen wäre. Im Nachhinein ärgere ich mich sehr darüber. Wäre diese Situation in Deutschland aufgetreten, wären wir wahrscheinlich alle zusammen ausgestiegen und hätten gefragt, was sein Problem sei. Wie ihr merkt, regt es mich immer noch ein wenig auf… Isländer, ich habe mehr Freundlichkeit von euch erwartet! Okay, vermutlich ist dieses Prachtexemplar nur eine Ausnahme. Doch leider haben wir während unseres ganzen Urlaubes nie wirklich Isländer kennengelernt, was etwas schade ist.
Hallgrímskirkja
Zurück auf Kurs fahren wir schnurstracks zu der Kirche Hallgrímskirkja. Vor der Kirche gibt es reichlich kostenlose Parkplätze – zumindest haben wir nirgendwo ein Hinweisschild gefunden, das etwas anderes behauptet hat und wir haben auch keinen Strafzettel bekommen – weshalb wir hier unser Auto abstellen und von diesem zentralen Punkt die Stadt erkunden wollen. Gesagt, getan. Wir schnappen uns so ziemlich den letzten Parkplatz und strömen mit den anderen Touristen auf den Vorplatz der Hallgrímskirkja. Hier steht eine Statue von Leifur Eiríksson, dem “Entdecker” der Neuen Welt. Bereits 500 Jahre vor Christoph Kolumbus soll er Fuß auf Nordamerika gesetzt haben.
Die Kirche an sich konnte erst 1986 durch Spendengelder fertig gestellt werden. Der 75 Meter hohe Turm prägt jedoch bereits seit 1974 das Stadtbild Reykjavíks und gilt seit jeher als Wahrzeichen der Hauptstadt. Die Betonpfeiler des Turms der Hallgrímskirkja sollen Basaltsäulen darstellen, während die weiße Farbe an die Gletscher Islands erinnern soll.
Die lichtdurchflutete, schlichte Kirche hat nur ein klassisches Bleiglasfenster, das allerdings durch Lampen dahinter beleuchtet wird. Somit ist das Highlight in der Kirche definitiv die Orgel mit ihren 5.275 Pfeifen, die zu zahlreichen Konzerten in der Hallgrímskirkja erklingen. Um genügend Raum für das Orchester oder eine größere Besetzung zu schaffen, ist übrigens ein Teil der Bestuhlung flexibel.
Shoppingstraße Skólavörðustígur
Nach diesem kulturellen Einblick schlendern wir nun die Einkaufsstraße Skólavörðustígur hinunter. Groß geshoppt wird jedoch nicht. Die Souvenir-Läden werben mit Mitbringseln für weniger als 30,00 Euro – wow! Und die Bekleidungsgeschäfte haben leider auch keine Preisknaller im Angebot. Aber könnt ihr euch noch daran erinnern, dass Karo am dritten Tag unserer Reise sich eine Regenhose bei ICEWEAR gekauft hat, weil das Wetter so furchtbar war? Tja, diese hat sie im Anschluss gar nicht mehr gebraucht und so gibt sie diese einfach wieder zurück. Ohne Probleme! So soll es doch sein.
Das typische Mitbringsel: Der Island-Pulli
Vielleicht gibt es dafür ja einen echten Island-Pulli? Dazu gehen wir in den Laden mit der Hausnummer 19. Der unauffällig Laden hat eine riesige Auswahl an Island-Pullis in unterschiedlichsten Farben und Strickmustern. Trotzdem beginnen diese erst bei 27.500 ISK (ca. 223,60 Euro), die Passformen sind nicht optimal und wenn wir ganz ehrlich sind – eigentlich kratzen diese Pullis auch einfach nur. Damit steht es fest: Wir werden ohne Island-Pulli zurück nach Deutschland kehren.
Harpa – Tónlistar- og ráðstefnuhúsið í Reykjavík
Nach einem kurzen Stop in der Touristeninformation und dem neuen Rathaus gehen wir mit Stadtkarten ausgestattet weiter zum Konzerthaus Harpa im Hafen. Das Glasdesign erinnert mich direkt an die Elbphilharmonie in Hamburg. Die Harpa wurde erst 2011 eröffnet und wurde von den Isländern scharf kritisiert. Das Bauwerk hat zum einen 160 Millionen Euro gekostet und nimmt zum anderen durch seine Lage den Bewohner Reykjavíks das Licht. Jedoch half das Konzert- und Opernhaus die Finanzkrise, die 2008 über Island hereinbrach, zu überwinden. Fünf Monate nach der Eröffnung wurden bereits 30.000 Besucher mehr gezählt, als Island Einwohner hat (320.000). Leider ist heute der Zutritt eingeschränkt, da hier der Arctic Circle Club tagt. Der internationale Club beschäftigt sich im Dialog mit der Zukunft und dem Schutz der Arktis.
Kolaportið Flohmarkt
Gegenüber der Zollbehörde am alten Hafen befindet sich der stationäre Flohmarkt Kolaportið, der eine eigenwillige Mischung aus Wühltisch-, Secondhandwaren und Lebensmitteln anbietet. Das können wir aber heute jedoch nur durch die Fenster erspähen. Der Flohmarkt hat nämlich leider nur am Wochenende geöffnet. Heute ist Freitag – also leider keine Chance auf ein Schnäppchen für uns.
Bæjarins Beztu Pylsur
Dafür gehen wir nur ein paar Meter weiter zum berühmtesten Hot Dog-Stand Islands der Kette Bæjarins Beztu Pylsur. Bereits im August 2004 hat hier der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Bill Clinton gespeist. Zwei Jahre später wurde der Hot Dog dann von der britischen Zeitung The Guardian als bester Hot Dog Stand Europas ausgezeichnet. Er schmeckt. Auf jeden Fall. Aber der beste Hot Dog Europas? Auf keinen Fall. Da war allein der Hot Dog mitten im Nirgendwo mit dem selbst gebackenen Brot schon besser. Aber egal, wir waren da, wir haben ihn verköstigt, wir können mitreden. Und für 450 ISK (ca. 3,65 Euro) ist der Hot Dog ein erschwinglicher Snack für zwischendurch.
Þúfa
Als nächstes möchten wir über den alten Hafen zu dem grasbewachsenen Hügel Þúfa. Das Kunstwerk soll an die verschiedenen Elemente der isländischen Natur und der isländischen Geschichte erinnern. Zudem soll man von dem Hügel aus, auf dem übrigens eine kleine Holzhütte steht, in der Fische getrocknet werden, einen schönen Blick über die Umgebung haben. Wir schlagen jedoch den falschen Weg ein und sind völlig unmotiviert, bei der Kälte noch weiter zu gehen. So lassen wir auch die Skulptur Sonnenfahrt des Künstlers Jón Gunnar Árnason aus, die weiter östlich am Hafen zu finden ist. Stattdessen gehen wir zurück zum Auto.
Warmwasserspeicher Perlan
Es ist windig und kalt. Und zwischen Reykjavík und uns will einfach nicht der Funke überspringen. Ich habe mir die Stadt ein bisschen mehr wie Kopenhagen vorgestellt. Aber vielleicht sind wir auch zur sehr von der Natur Islands eingenommen worden, sodass wir eine Stadt gar nicht mehr als schön erachten können. Wir geben der Stadt aber noch eine letzte Chance mit dem Besuch des Warmwasserspeichers Perlan. Doch auch diese Motivation lässt schnell nach. Wir verzichten auf jegliche touristischen Aktionen, schauen uns nicht den künstlich angelegten Geysir im Inneren an, zahlen keine 400 ISK (ca. 3,25 Euro), um auf die Aussichtsplattform zu kommen, sondern setzen uns stattdessen oben ins Kaffee, wo wir in aller Ruhe ein Heißgetränk schlürfen. Auch mal schön!
Shopping im Kringlan
Aufgewärmt gehen wir jetzt endlich richtig shoppen. Im zweitgrößten Shopping-Center Reykjavíks, dem Kringlan, gibt es nämlich zum Glück nicht nur Souvenir-Läden, sondern ganz normale Bekleidungsshops mit ganz normalen Preisen. Okay, zugegeben: Ein bisschen teurer ist es schon. Aber, da Island ja noch nicht zur EU gehört, können wir hier Tax free einkaufen! Das bedeutet, dass wir uns ab einem Einkaufswert von 6.000 ISK (ca. 48,80 Euro) die Steuern am Flughafen zurückholen können. Dazu muss man sich einfach nur das notwendige Formular mit Unterschrift des Verkäufers mitgeben lassen, den Rest ausfüllen und dann am entsprechenden Schalter am Flughafen abgeben. So wird aus einer Jacke von ZO∙ON mit zusätzlich 10 % Rabatt für ein Follow bei Facebook für Anne auf einmal ein echtes Schnäppchen. ZO∙ON gibt es nur in Island, jedoch kann man die Outdoor-Kleidung auch online bestellen. Dann aber natürlich inklusive Steuern. Durch unseren Trick spart Anne gute 60,00 Euro. Der Rest von uns schlägt hauptsächlich bei Lindex und H&M zu. Vielleicht etwas langweiliger, aber Mitbringsel ist Mitbringsel.
Burger essen in der Hamborgara Fabrikkan
Zum Abschluss unserer Reise gibt es noch einmal Burger satt. Im Kringlan befindet sich ein Restaurant, der Hamborgara Fabrikkan, das wir uns schon vorab rausgesucht haben. Das besondere an den Burgern ist: Sie sind rechteckig. Wow – so special! Ja, wir sind wirklich vor allem aus diesem Grund hergekommen. Die Aufmachung zieht und der Geschmack überzeugt auch! Jedoch habe ich mir von meinem No. 09 Rescue (112) mit Jalapeño und Chillies deutlich mehr Schärfe erhofft. Dafür sind Kims Chicken Tenderloins extra hot. Aber noch viel schlimmer: In der Marinade ist Koriander drin… Wer meine Reiseberichte aus Ägypten verfolgt hat weiß, wir hassen Koriander! Wir lassen die Filets also zurückgehen und Kim bekommt dafür Chicken Wings. Ändert zwar nichts an der Schärfe aber immerhin kein Koriander mehr. Insgesamt bin ich auch sehr zufrieden mit der Hamborgara Fabrikkan.
Für meinen Burger mit Sweet Fries an Stelle von normalen Pommes zahle ich 2.790 ISK (ca. 22,70 Euro). Für isländische Verhältnisse ist das günstig. Immerhin beinhaltet der Preis das Trinkgeld und kostenloses Wasser. Da gönnen wir uns doch noch ein Factory Skyr Cake bzw. einen Astronaut’s Cake für jeweils 1.095 ISK (ca. 8,90 Euro). Hätten wir dies jeden Abend gemacht, dann wären unsere Kosten aber erheblich durch die Decke geschossen. Vielleicht ahnt ihr jetzt, warum wir uns hauptsächlich selbst versorgt haben.
Islandliebe
Direkt nach dem Essen fahren wir wieder an unseren Nordlichter-Spot in Kópavogur. Irgendwie wollen sie jedoch trotz ausgezeichneter Vorhersage nicht so recht strahlen. Daher fahren wir nach einiger Zeit heim und schauen uns bei YouTube eine Dokumentation über die Mythen Islands an. Ich muss wirklich sagen, dass ich mich nach zehn Tagen in dieses Land verliebt habe und mich sehr freue, so noch mehr über Island zu lernen. Als Dankeschön kommen die Nordlichter dann doch noch einmal richtig zum Vorschein und wir machen uns noch einmal auf zum See. Karo, bleibt zurück und guckt sich die Nordlichter direkt von unserer Unterkunft aus an, weshalb sie leider nicht auf unseren Gruppenfotos drauf ist. Zurück im Haus schauen wir uns noch eine zweite Dokumentation über Island an, bevor wir zum letzten Mal auf der Insel die Augen schließen.
Die abgebildeten Fotos von Reykjavík und den Nordlichtern sind von Kim Löffka Fotografie.
[…] 2.222 Kilometer auf Island zurückgelegt haben. Wenn das kein Zeichen ist. Jeder Umweg, selbst der Typ in der 30er Zone von gestern hat zu dieser Zahl beigetragen. An dieser Stelle also: Danke, für Deine […]
Hallo Moin,
Vielen Dank für den Reykjavik Beitrag. Nach Island möchte ich unbedingt auch einmal. Ich habe schon so viele Berichte gelesen und Fotos gesehen aber Du hast mir die Hauptstadt nähe gebracht. Bis auf den Verkehrsignoranten 🙃
Vielen Dank und viele Grüße Steffen
Bitte gerne. Wenn Island aber unbedingt mehr Landschaft als Stadt angucken 😉
Wow, Island steht auf der Liste meiner Wünsch-Urlaubsziele auch ganz weit oben. Wir werden aber wohl noch warten, bis unsere Tochter etwas älter ist. Hört sich jedenfalls total spannend an!
Ja, das Land ist echt toll. Ihr solltet unbedingt warten, bis man die Kleine auch beruhigt alleine los lassen kann. Nur dann kann man das Land in vollen Zügen genießen 😉