Filmkritik: Julian Schnabel – A Private Portrait
“Julian Schnabel – A Private Portrait” liefert unvergleichbare Einblicke in das Leben von einem der bedeutendsten Künstler unserer Zeit. Regisseur Pappi Coricato porträtiert mehr als den kreativen Werdegang Julian Schnabels und ist dabei hautnah an dem Maler, Filmemacher, Architekt und Innendesigner dran. Eine interessante und unterhaltende Dokumentation über den oft beschworenen Enfant terrible.
Der Inhalt
Extravaganz, Provokation und Genie sind nur einige der Schlagworte, die immer wieder im Zusammenhang mit Julian Schnabel fallen. Pappi Corsicato blickt in seinem Porträt hinter die Fassade des prominenten Malers und Filmemachers und offenbart den Menschen hinter dem Künstler. Schnabel öffnet sein privates Archiv, spricht über seine Anfänge als Künstler, die skandalträchtige New Yorker Kunstszene der 1980er Jahre und über künstlerische wie persönliche Krisen, wie den Tod seines engen Freundes Lou Reed. Auch Schnabels Familie, Freunde und langjährige Wegbegleiter wie Al Pacino, Willem Dafoe, Bono und Emmanuelle Seigner kommen zu Wort.
(Quelle: weltkino)

Trailer zu “Julian Schnabel – A Private Portrait”
Mein Fazit
Als ich meine Freunde, hauptsächlich in meinem Alter, gefragt habe, ob sie Julian Schnabel kennen, fragten sie mich verwundert, ob ich nicht Vito Schnabel meine. Vito Schnabel, der Kunsthändler und inzwischen Ex-Freund oder bald wieder Freund von Heidi Klum. Irgendwie erschreckend, dass dieser Vito durch diese Beziehung zumindest in meiner Generation weitaus bekannter ist, als sein Vater Julian Schnabel – der Künstler, der Oscar®-nominierte Filmemacher („Schmetterling und Taucherglocke“), der Architekt und der Innendesigner. “Julian Schnabel – A Private Portrait” zeigt genau diesen Menschen, aber noch mehr. Die Dokumentation zeigt Julian Schnabel auch als Privatperson als verlässlichen Freund und liebenden Familienvater. Regisseur Pappi Corsicato porträtiert hautnah einen vielseitigen Freigeist, dessen Werke und sein bewegtes und inspirierendes Leben. Corsicato sagt selbst: “Meine Idee, einen Dokumentarfilm über Julian Schnabel zu machen, bestand darin, ihn als Künstler und Menschen zu zeigen – mit einem sehr privaten und persönlichen Zugang.”

Enfant terrible
Julian Schnabels Geschichte ist die Verkörperung des amerikanischen Traums. Schnabel, dessen Vater ein jüdisch-polnischer Einwanderer war, stammt aus einer armen Familie aus Brooklyn. Durch sein künstlerisches Talent, seiner unbändigen Energie und seiner angeborenen Willensstärke hat er sich zu einem der wichtigsten und geschätztesten Künstler unserer Zeit entwickelt, so beschreibt es Corsicato. Zudem ist er bekannt als Filmemacher, Innendesigner und Architekt, wobei eines seiner bekanntesten Bauwerke mitten in Manhattan steht: Ein pinkfarbener venezianischer Palast mit neun Stockwerken. Dank der Bereitstellung von umfangreichen Archivmaterial, inklusive unveröffentlichtem Material und Privataufnahmen ist es dem Regisseur gelungen, ganz nah an diesen vielseitigen Mann heranzukommen. Noch persönlicher wird es anhand von Erzählungen seiner Familie – seiner Schwester, seiner Ehefrauen, seiner Kinder – und seiner Freunde Al Pacino, Christopher Walken, Willem Dafoe, Bono, Laurie Anderson, Jeff Koons. Seine künstlerische Karriere wurde anhand von Geschichten der Schauspieler, die mit ihm gearbeitet haben, der Galeristen, der Sammler und Kunstkritiker gezeichnet.

Sein Leben – Seine Kunst
Schnabel schloss 1973 sein Studium mit einem Bachelor of Fine Arts an der Universität von Houston ab und kehrte nach New York zurück. Per Bewerbung mit zwei Sandwichscheiben wurde der damals 22-Jährige für das Independent Study Programm am Whitney Museum angenommen. Seit jeher prägten großflächige Werke Schnabels Arbeit. Bereits 1978 schuf er sein erstes Tellerscherben-Gemälde „The Patients and the Doctors“ und kein Jahr später eröffnete er seine erste Soloausstellung in seiner Heimatstadt. Damit gehört Schnabel zu den “Jungen Wilden” der 1980er Jahre und zu den Hauptvertretern des amerikanischen Neoexpressionismus. Seine Kunstwerke zeichnen sich durch Großflächigkeit und unebene Oberflächen aus.

Hautnah am Künstler
Die Dokumentation “Julian Schnabel – A Private Portrait” zeigt Schnabels Weg und seine Werke bis zum heutigen Zeitpunkt. Sie nimmt den Zuschauer mit in seine Ausstellungen, an seine Filmsets und an ganz private Orte. Deutlich wird dabei auch immer, wie wichtig ihm seine Familie ist. Gleichzeitig wird klar, dass ein Leben mit diesem exzentrischen Künstler nicht immer einfach war und ist.

Absolut sehenswert!
Vor dieser Dokumentation konnte auch ich kaum etwas mit dem Namen “Julian Schnabel” anfangen – jetzt bin ich schlauer. Regisseur Corsicato ist es gelungen, viel über den Menschen und den Künstler Julian Schnabel in 84 Minuten so unterhaltsam und interessant zusammenzutragen, dass ich richtig neugierig auf diese Person und seine Werke geworden bin. In der Schule haben wir uns im Kunstunterricht nur mit den altbekannten Kreativen wie Pablo Picasso, Vincent van Gogh oder Friedensreich Hundertwasser beschäftigt. Dies ist eine wundervolle Gelegenheit, sich auch mit der modernen Kunst auseinanderzusetzen. Wer also grundsätzlich kunstinteressiert ist oder es sein möchte, sollte für “Julian Schnabel – A Private Portrait” mal wieder ins Kino gehen.