Filmkritik: Wunder

Filmkritik: Wunder

“Wunder” erzählt die Geschichte von Auggie Pullman, der an einem seltenen Gendefekt leidet, der sein Gesicht entstellt hat. Zu Beginn der fünften Klasse, soll Auggie erstmals eine öffentliche Schule besuchen. Eine große Herausforderung – nicht nur für ihn, sondern für sein gesamtes Umfeld. Herzerwärmend lehrt das Drama, dass mit Freundlichkeit und Mitgefühl allen geholfen ist.

4.5 von 5 Popcorntüten

Die Handlung

Der zehnjährige August “Auggie” Pullman (Jacob Tremblay) hat bereits 27 Operationen hinter sich. Ein seltener Gendefekt entstellte sein Gesicht und trotz plastischer Chirurgie sieht Auggie immer noch “anders” aus als andere Kinder. Am wohlsten fühlt sich der Star Wars-Fan also, wenn er sein Gesicht unter seinem Astronautenhelm verstecken kann. Nachdem seine liebevolle Mutter (Julia Roberts) ihn jedoch nicht mehr privat zuhause unterrichten möchte, kann er sich und sein Gesicht nicht länger verbergen.

Obwohl er sich zunächst gegen die Schule sträubt, nimmt er die Herausforderung an. Mutig, mit der Unterstützung seiner Eltern und seiner großen Schwester Via (Izabela Vidovic), stellt er sich der fünften Klasse. Ein großes Abenteuer für Auggie und für all die Menschen, die er mit seinem Leben berührt, beginnt…
(Quelle: STUDIOCANAL)

"Wunder" ab 25. Januar im Kino
© Studiocanal GmbH

Trailer zu “Wunder”

Mein Fazit

Das Familydrama “Wunder” basiert auf dem hochgelobten und preisgekrönten Debütroman* von R.J. Palacio, der bereits in über 45 Sprachen übersetzt wurde. “Wunder” erzählt eine berührende Geschichte über Freundschaft, Selbstvertrauen und Mut. Regisseur und Drehbuchautor Stephen Chbosky (“Die Schöne und das Biest“, 2017) hat sich der Verfilmung der Geschichte angenommen und eine hochkarätige Besetzung dafür zusammengetrommelt. Darunter die zauberhafte Julia Roberts (“Pretty Woman”, 1990), der unverkennbare Owen Wilson (“Die Hochzeits-Crasher, 2005) und das kanadische Nachwuchstalent Jacob Tremblay (“Raum“, 2016). Das Drama besticht durch authentische Darstellungen, einem modernen Look, einem großartigen Schnitt und einem sehr guten Drehbuch.

"Wunder"
© 2017 Studiocanal GmbH / Dale Robinette

Die Romanvorlage

Palacio wurde durch ein persönliches Erlebnis dazu angetrieben “Wunder” zu schreiben. 2008 ging sie mit ihren Kindern in die Eisdiele, als sie auf ein Mädchen getroffen ist, dass unter schwerer kraniofazialer Fehlbildung litt. Palacio selbst konnte das Mädchen kaum anschauen. Aus Scham vor sich selbst beschloss sie diesen Roman zu schreiben und fing damit schon am selben Abend an. Als sie den Roman dann 2013 veröffentlichte, konnte es seine Leser im Sturm erobern. Auggie Pullmans Leben mit dem selten Gendefekt eroberte die Herzen der Leser und ließ diese über ihr eigenes Leben und Verhalten nachdenken. Auggie hält unser Gesellschaft einen Spiegel vor und zeigt uns, dass wir geradezu von Äußerlichkeiten besessen sind. In Amerika löste das Buch eine wahre “Choose kind”-Bewegung aus, die die Leser dazu inspirierte, ihre eigenen Geschichten zu teilen. Kein Wunder also, dass auch Hollywood auf diese Geschichte aufmerksam wurde. Die Produzenten Todd Lieberman und David Hoberman lasen zeitgleich das Manuskript und haben sich sofort in die Geschichte über Mitgefühl und Freundschaft verliebt.

"Wunder"
© 2017 Studiocanal GmbH / Dale Robinette

Eine Geschichte, viele Perspektiven

Was die Erzählung von “Wunder” so verzaubernd macht ist, dass sie aus ganz vielen verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Der Trailer könnte einen denken lassen, dass lediglich und voll und ganz nur Auggies (Jacob Tremblay ) Geschichte erzählt wird. Das ist jedoch ein Irrtum. So wird die gesamte Handlung durch immer mehr Sichtweisen vorangetrieben und komplementiert. Dies ist Regisseur Chobsky wundervoll gelungen. Er setzt auf nur wenige Überschneidungen und Wiederholungen. Ganz im Gegenteil wie es zum Beispiel bei “Jugend ohne Gott” passiert ist. Hier werden ein und die selben Szenen immer und immer wieder gezeigt. “Wunder” hingegen schafft hierdurch eine ganz besondere Verbindung zum Zuschauer. Die vielen verschiedenen Blickwinkel ermöglicht es, dass jeder sich mit einer der Figuren identifizieren kann. Die Geschichte von “Wunder” zeigt, dass sich jeder einmal wie ein Außenseiter gefühlt hat, aber zeigt auch, was passieren kann, wenn man sich anderen gegenüber öffnet.

"Wunder"
© 2017 Studiocanal GmbH / Dale Robinette

Auggie Pullmann

Was immer ihr euch vorstelle – es ist schlimmer.Auggie Pullman (Jacob Tremblay)

Autorin Palacio war es sehr wichtig, dass Auggie in der Verfilmung ihres Romans gezeigt wird – in all seiner Unvollkommenheit. Andere Filmemacher lehnten dies zunächst ab. Doch mit Liebermann, Hobermann und Chbosky hat sie ein Team gefunden, das mit ihren Wunsch teilte. Ihren “Auggie” hatten die Filmemacher gefunden, nachdem sie Tremblays herausragende Performance in “Raum” gesehen haben. Der talentierte Kanadier verstand den Kern seiner Rolle schnell: “Auggie weiß und akzeptiert, dass er anders aussieht”, erklärt Palacio. Dennoch sei Auggie kein Engel, sondern ein Scherzkeks und aufgeweckter, zäher Kerl, der 27 Operationen überstanden hat, so Palacio weiter. Tremblay hat wie ein erwachsener Schauspieler für seine Rolle recherchiert, sich mit betroffenen Kindern unterhalten und so erfahren, wie sich ihr Leben von dem anderer Kinder unterscheidet. Kein Wunder also, dass Tremblay Auggie dank Maske nicht nur optisch, sondern auch charakterlich auf den Punkt trifft. Er porträtiert ein reales Kind mit sehr realen Problemen, das lernt, dass auch andere Menschen Probleme haben, die er nicht ignorieren sollte, so Chbosky. Auggie ist trotz seiner Krankheit ein aufgewecktes Kerlchen, dass große Stärke beweist und Mitgefühl zeigen kann – ein wahres Vorbild.

"Wunder"
© 2017 Studiocanal GmbH / Dale Robinette

Isabel & Nate Pullman

Besonders beeindruckend zu beobachten in “Wunder” ist die Chemie, die zwischen den Schauspielern entstanden ist. Vor allem Roberts Beziehung zu Tremblay als Mutter und Sohn wirkt mehr als greifbar. Roberts erzählt: “Nach Drehschluss verabschiedete ich mich von Jacob (Tremblays) Mutter und sie sagte: ‘Für mich sind Sie Auggies Mom und ich bin Jacobs Mom.’ Genauso habe ich es auf empfunden.” Doch nicht nur diese Chemie am Set stimmt. Auch die Verbindung zwischen Roberts und Wilson als Ehepaar stimmt. Schließlich überzeugt nicht nur Roberts als fürsorgliche Mutter, sondern auch Wilson als liebevoller Vater, der als Kindskopf der Familie stets für gute Stimmung sorgt. Nate Pullman ist letztlich auch mein Lieblingscharakter. Denn während Isabel sich hauptsächlich um Auggie kümmert und ihr eigenes Leben wieder vorantreiben möchte, hat Nate auch immer einen Blick auf seine ältere Tochter Via (Izabela Vidovic) hat.

"Wunder"
© 2017 Studiocanal GmbH / Dale Robinette

Via Pullman

Mein schlimmster Tag, mein schlimmster Sturz, die schlimmsten Kopfschmerzen, die schlimmsten blauen Flecke, der schlimmste Krampf, das Schlimmste, was mir jemand an den Kopf geworfen hat, ist immer nichts gewesen im Vergleich zu dem, was August durchgemacht hat.Via Pullman (Izabela Vidovic)

Via symbolisiert die vergessene Tochter der Familie Pullman. Das gesunde Kind, dass immer zurückstecken muss. Jetzt könnte man direkt denken, dass Via einen gewissen Groll gegen ihren Bruder und / oder ihre Eltern hegt. Doch, obwohl es Via verletzt hintenanzustehen, verbindet sie eine ganz besondere Beziehung zu ihrem Bruder. Palacio erläutert, dass Via nie ihre Herzlichkeit verloren hätte und sie sie deshalb bewundere. Vidovic fügt sich wunderbar in die Familie Pullman ein und schafft es Vias Geschichte eine gewisse Anmut und Bewunderung zu geben. Ergänzt wird ihre Person durch den charmanten Theaterliebhaber Justin, gespielt von Nadji Jeter.

"Wunder"
© 2017 Studiocanal GmbH / Dale Robinette

Die Schüler

Auggies soll zu Beginn des Films erstmals eine öffentliche Schule besuchen. Die Schüler der fünften Klasse reagieren wie erwartet jedoch zunächst mit großer Ablehnung und scheu gegenüber Auggie. Doch nach und nach bewegen sich einige Schüler auch auf den erkrankten Jungen zu. Für Auggie ist es jedoch schwer zu erkennen, wer es ehrlich mit ihm meint und wer ihm nur etwas vormacht. Die anderen Schüler haben es aber ebenfalls nicht einfach. Die Beziehungen der Kinder ist eine der spannendsten Facetten der Geschichte. Denn auch hier trägt jeder einzelne sein eigenes Päckchen, dass aus den entsprechenden Blickwinkeln betrachtet wird.

"Wunder"
© 2017 Studiocanal GmbH / Dale Robinette

Eine herzerwärmende Geschichte

Wenn jede einzelne Person in diesem Raum es sich zur Regel machen würde – wo immer sie sich befindet, wann immer es möglich ist – zu versuchen, sich etwas freundlicher zu verhalten, als es notwendig ist, würde die Welt zu einem besseren Ort werden.Schuldirektor Mr. Pomann (Mandy Patinkin)

“Wunder” ist wahrlich eine herzerwärmende Geschichte mit einer wundervollen Botschaft nach mehr Freundlichkeit und Nächstenliebe. Sie zeigt, dass ein Buch nicht nur nach seinem Cover bewertet werden sollte. Jeder hat mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen und gemeinsam können wir diese besser bewältigen als alleine. “Wunder” gelingt es die Geschichte von Auggie Pullman nicht melodramatisch, sondern erfrischend aufrichtig, direkt und geistreich zu erzählen. Einzig an wenigen Stellen drückt “Wunder” unnötig stark auf die Tränendrüse, da er an sich schon emotional genug ist. Ein Drama, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

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6 comments

  1. Susanne

    Moin 🙂
    Meine Freundin und ich überlegen in den Film zu gehen und jetzt denke ich, dass ich auf jeden Fall rein will 🙂

    Viele Grüße
    Susanne

    1. Jil

      Es freut mich sehr, dass ich helfen konnte. Ich wünsche euch viel Freude! Ps: Bringt Taschentücher mit 😉

  2. Ina

    Ahh ich wusste gar nicht das es zu dem Buch einen Film gibt, den muss ich sehen! Ich fand das Buch nämlich so Klasse.

    Lg aus Norwegen
    Ina

    http://www.mitkindimrucksack.de

    1. Jil

      Ja, in den USA kommt der sogar bald schon auf DVD und Blu-ray raus! Wir sind spät dran. Dann mal ab ins Kino und viel Spaß 🙂

  3. liebe was ist

    ach sehr cool deine Filmkritik auch nochmal zu lesen, wo du den Film ja als neustart angeteasert hast 🙂
    könnte definititv auch was für mich sein … ich freu mich schon auf Kinozeit in den Semesterferien!

    liebste Grüße auch,
    <3 Tina von http://www.liebewasist.com

  4. Filmkritik & Gewinnspiel: Suburbicon | Jil's Blog

    […] Zuschauer und bricht die Story. Ein Lichtblick ist hingegen der 13-jährige Noah Jupe (“Wunder“, 2017), der als Nicky die einzig besonnene Person im Hause Lodge zu sein und damit […]

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