Filmkritik: Shape of Water

Filmkritik: Shape of Water – Das Flüstern des Wassers

“Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” erzählt ein monströses schönes Märchen rund um die stumme Elisa und eine mystische Meereskreatur. Dank einer authentischen Inszenierung und Kostümierung, wundervollen Schauspielern sowie einer verzaubernden Filmmusik gelingt der Genrenmix und begeistert.

4 von 5 Popcorntüten

Die Handlung

Circa 1963, zu Zeiten des Kalten Krieges, wird in ein verstecktes Hochsicherheitslabor der Regierung ein seltsames Wesen eingeliefert. Eine amphibische Kreatur in humanitärer Gestalt, die in ihrer Heimat – dem Amazonas – als Gott verehrt wurde. Von Richard Strickland (Michael Shannon) in Gefangenschaft genommen, wird es von ihm unterdrückt und gefoltert – mit Konsequenzen. Bei einem “Zwischenfall” wird Strickland verletzt. Die Reinigungskräfte Elisa Esposito (Sally Hawkins) und Zelda Fuller (Octavia Spencer) werden herbeigerufen, um das Labor wieder herzurichten. Als die stumme Elisa die Kreatur erblickt, entsteht zwischen ihnen direkt eine Verbindung, die durch heimliche Treffen verstärkt wird.

Elisa, die ein abgeschiedenes Leben führt, erblüht durch diese Beziehung. Doch ein Entschluss von General Hoyt (Nick Searcy) droht, dieser ein Ende zu setzen. Da kommt ihr Dr. Robert Hoffstetler (Michael Stuhlbarg) unerwartet zu Hilfe.
(Quelle: Fox)

"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers" ab 25. Februar im Kino
© 2017 Twentieth Century Fox

Trailer zu “Shape of Water – Das Flüstern des Wasser”

Mein Fazit

Wasser nimmt die Form aller Gefäße an, in denen es enthalten ist – und obwohl Wasser so sanft ist, ist es zugleich die machtvollste und wandelbarste Kraft des Universums. Und genauso verhält es sich mit der Liebe, nicht wahr? Egal in welche Form wir Liebe hineingießen – sie wird zu dieser Form, sei es ein Mann, eine Frau, oder eine Kreatur.Guillermo del Toro

“Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” kombiniert einen spannenden und einzigartigen Genremix von einem opulenten Monsterfilm bis hin zum spannenden Noir-Krimi. Im Fokus steht jedoch der Monsterfilm, der sich zu einem romantischen Märchen entwickelt. Dadurch fasziniert der Film durch grundlegende Emotionen und Gefühlszustände wie Angst, Verlassenheit, Gefahr, Neugier, Ehrfurcht, Begehren und natürlich Liebe. Regisseur Guillermo del Toro, der für seine Arbeit mit einem Golden Globe ausgezeichnet wurde, ist es gelungen, den Begriff der Monstrosität mit Hilfe einer Liebesgeschichte komplett auf den Kopf zu stellen. Während der gustaussehende Regierungsagent (Michael Shannon) zum Schurken wird, entwickelt sich die Meereskreatur (Doug Jones) zur heldenhaften Hauptfigur.

"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
© 2017 Twentieth Century Fox

Soziale Spaltung der 1960er Jahre

Del Toro hat das Märchen “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” in die 1960er Jahre Amerikas gelegt. Eine Zeit der sozialen Spaltung am Rande eines Nuklearkrieges, die kurz vor einem tiefgreifenden kulturellen Wandel steht. Das Leben der Menschen war geprägt von dem Hass zwischen Nationen und dem Hass zwischen Menschen, aufgrund von unterschiedlichen Rassen, Hautfarben, Können und Geschlechtern. Die Ära war geprägt von Angst vor einem Nuklearkrieg mit der Sowjetunion, dem Wettlauf im Weltall und den Bürgerrechtsbewegungen. Del Toro beschreibt diese Zeit als “eine schreckliche Zeit zum Verlieben. (…) Doch die Liebe erblüht trotzdem.” Trotz oder gerade wegen dieser Hindernisse gelingt es einer einsamen Frau mit traumatischer Vergangenheit eine überwältigende Liebe zu entdecken, die Misstrauen, Angst und selbst der Biologie trotzt.

"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
© 2017 Twentieth Century Fox

Von einer machtlosen Frau zu einer Heldin

Es ist die Kraft der Liebe, die Elisa in das Unbekannte hineinzieht.Sally Hawkins

Elisa ist der Dreh- und Angelpunkt von “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers”. Elisa ist seit einem Kindheitstrauma verstummt, sodass sich mit Hilfe der American Sign Language (ASL) kommuniziert. Die Herausforderung an der Verkörperung von Elisa lag für Darstellerin Sally Hawkins aber nicht nur darin, diese Sprache vorab perfekt zu erlernen und anzuwenden, sondern vor allem durch Mimik und Gestik ihre Emotionen auszudrücken. Elisa kann dadurch der seltsamen amphibischen Kreatur und letztlich auch dem Zuschauer glaubhaft ihre Gefühle verständlich machen. Dem Zuschauer wird deutlich, wie sehr Elisa diese Begegnung glücklich macht, wie sie diese neue Liebe erfüllt und sie sie aus ihrem alltäglichen Trott herausholt. Dieses Glück macht sie waghalsig und gibt ihr eine unglaubliche Entschlossenheit, von der sie wahrscheinlich am meisten selbst überrascht ist, so glaubt Hawkins: “„Sie entdeckt einen Menschen in sich, von dem sie bisher nichts wusste, und erkennt, zu was sie fähig ist.“

"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
© 2017 Twentieth Century Fox

Für Hawkins war die Verkörperung von Elisa eine große Herausforderung. Neben dem Erlernen der Zeichensprache und Tanzstunden, musste sie sich auch die Zartheit und die Leichtfüßigkeit Elisas in all ihren Bewegungen aneignen. Weiter musste Hawkins auch viel Mut zur persönlichen Offenheit und Nacktheit zeigen. Eine Hawkins, die gänzlich anders auftritt als etwa in “Paddington 2“.

Das mystische Wesen

Von Anfang bis Ende ist von dem mystischen Wesen nicht viel bekannt: Es scheint das letzte seiner Art zu sein, es wurde von den Menschen im Amazonas als eine Art Gott verehrt und es hat eine wundersame Lungenstruktur, die es ihm erlaubt auch an Land zu atmen. Aus diesem Grund ist es für die Amerikaner gleichzeitig eine Chance den Wettkampf um die Eroberung des Alls zu gewinnen und eine Gefahr für die Menschheit. Dabei wirkt die Figur so real, dass sie geradezu greifbar wirkt. Dies liegt vor allem daran, dass die Kreatur nicht etwa am Computer generiert wurde, sondern, dass sie tatsächlich mit den anderen Charakteren live agiert. In dem Kostüm steckt Doug Jones, der das Tragen des Kostüms als ein “intensives Workout” beschreibt. Die Entwicklung des engen und biegsamen Kostüms ist das Resultat von einem neunmonatigen Enwicklungsprozesses, für das del Toro vorab sei eigenes Geld investierte. Ihm war es wichtig einen neuen Maßstab in Bezug auf Realismus zu setzen, um so ein Wesen zu erschaffe, das biologisch plausibel genug wirken würde, um bei einer Menschenfrei uneingeschränkte Leidenschaft hervorzurufen. Ich fühle mich jetzt spontan nicht angezogen. Aber das mag vielleicht daran liegen, dass ich grundsätzlich so überhaupt nichts mit Fischen anfangen kann!? Dennoch wird zunehmend glaubwürdig vermittelt, auch warum sich Elisa in diese Kreatur verliebt.

"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
© 2017 Twentieth Century Fox

Der Bösewicht

Für mich ist Strickland ein sehr trauriger Charakter. Er ist jemand, der anfangs vom Glauben an sein Land und an die Richtigkeit seines Tuns durchdrungen ist. Dann erkennt er, wie wenig es braucht, um abgelehnt und fallen gelassen zu werden.Michael Shannon

Warum Richard Jenkins als bester Nebendarsteller bei den Golden Globes für seine Rolle als Giles in “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” nominiert war und nicht Michael Shannon als Richard Strickland der düstere Regierungsagent, ist mir ein Rätsel. Shannons Rolle wurde, wie alle anderen Rollen, von del Toro auf den Schauspieler zugeschnitten. Kein Wunder also, dass Shannon gänzlich in seiner Rolle aufging. Shannon gelingt es diesem schrecklichen Schurken trotz allem eine gewisse Menschlichkeit zu verleihen. Strickland ist getrieben von seinem Drang im Militär aufzusteigen. Gleichzeitig hat er Selbstzweifel, Bedenken und verzagt an der Situation. Strickland ist damit für mich der spannendste Charakter von “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” und Shannon der stärkste Performer.

"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
© 2017 Twentieth Century Fox

Der Klang des Wassers

Die Filmmusik zu “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” von Alexandre Desplat wurde im Januar mit einem Golden Globe ausgezeichnet. Und das nicht ohne Grund! Die Musik ist sehr atmosphärisch, gibt die mystische Stimmung des monströsen Märchens perfekt wieder und ist auf den Punkt gesetzt. Dies ist bei einem Film, bei dem die zwei Hauptcharakter ohne Worte kommunizieren müssen, aber auch dringend notwendig und gab dem Komponisten weitaus mehr Spielraum als bei redenden Figuren. Del Toro und Desplat waren bei ihrer ersten gemeinsamen Zusammenarbeit direkt auf einer musikalischen Wellenlänge. So hat Desplat die ruhelose geschwungenen Kamerabewegungen aufgegriffen und die Emotionen für jede Szene musikalisch auf den Punkt betont. Desplat erklärt: “(…) musikalisch gesehen gibt es nichts Spannenderes als eine Geschichte, die fließt, und auf der man einfach surfen kann. Unter diesem Aspekt betrachtet war die Geschichte etwas ganz Besonderes.“

"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
© 2017 Twentieth Century Fox

Die Botschaft dahinter

Hinter dem Märchen versteckt sich eine ganz klare Botschaft: Man ist o.k., genau so wie man ist. Eine Message, die man sich geradezu heutzutage sehr wichtig ist, so empfindet es auch del Toro. Del Toro ging es darum die Frage der Liebe und ihre Grenzen, sowohl innerlich wie auch äußerlich, zu erforschen. Seine Geschichte ist eine Erzählung über Hoffnung und Erlösung, als Gegengift zum Zynismus der Zeit.

Ich wurde von der Geschichte angezogen, weil ich das Gefühl hatte, das sie etwas Hoffnungsvolles ausdrückt und die Menschen dazu inspiriert, freundlicher miteinander umzugehen – etwas, das heutzutage schmerzlich vermisst wird. Die Geschichte handelt wirklich davon, dass die Liebe im Leben jeden Preis rechtfertigt. Manchmal erfordert die Liebe, dass man sich seinen Ängsten stellt oder Opfer bringt, aber am Ende ist sie es immer wert.Michael Shannon
"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
© 2017 Twentieth Century Fox

Ein monströses Märchen

“Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” ist ein wahrlich faszinierendes Märchen, dass durch hervorragende Schauspieler, einer preisgekrönten Regiearbeit, einer mystischen Filmmusik, einer zeitgemäßen Kulisse und authentischen Kostümierungen brilliert. “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” erinnert ein wenig an das französische Märchen “Die Schöne und das Biest“. Auch hier entsteht eine Liebe zu einem humanitären Monster, dass jedoch verzaubert ist und in Wirklichkeit tatsächlich ein Mensch ist. Dennoch finden sich hier einige Parallelen und Gedanken von del Toro wider: Das Monster wird zum Held. Der Held wird zum Monster. Nichtsdestotrotz ist “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” sicherlich ein neuartiger Genremix, der einige Überraschungen mit sich bringt. So muss der Zuschauer sich darauf einstellen, dass es hin und wieder ziemlich brutal oder eklig wird. Dies macht vor dem historischen Hintergrund jedoch durchaus Sinn und wirkt keinesfalls fehl am Platz. Man könnte gar denken, dass die Ereignisse tatsächlich so statt gefunden habe und nur vertuscht wurden. Aus diesem Grund stört mich einzig eine kleine Traumszene von Elisa, die völlig mit der sonst realistischen Darstellung bricht. Abgesehen davon bleibt ein sehr schöner und mitreißender Film, der vielleicht um zehn Minuten gekürzt hätte werden können.

5 comments

  1. Avaganza

    Liebe Jil,

    ich habe im Kino schon die Vorschau gesehen und war fasziniert. Du hast mich bestärkt mit diesen Film anzuschauen. Danke für deine Rezension :-)!

    Liebe Grüße
    Verena

    1. Jil

      Gerne doch! Viel Spaß beim Gucken <3

  2. Filme der Woche: KW 10 - 2018 | Jil's Blog

    […] hätte ich eher bei “Three Billboards Outside Ebbing, Missouri” gesehen, als bei “The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” gesehen, kann aber mit dieser Entscheidung durchaus leben. Aber nach den Oscars ist vor den […]

  3. Filme der Woche: KW 29 - 2018 | Jil's Blog

    […] es auch bei den DVD- und Blu-ray-Releases aus. Endlich gibt es “Black Panther“, “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” und “Red Sparrow” zum immer wieder angucken! Mit etwas Glück könnt ihr bei mir […]

  4. Filme der Woche: KW 32 - 2018 & Gewinnspiel | Jil's Blog

    […] einem kleinen Gewinnspiel besänftigen ;-). Zu gewinnen gibt es dieses Mal eine Blu-ray von “The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” (ihr findet das Gewinnspiel am Ende des Beitrages). Außerdem verrate ich euch natürlich […]

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