Filmkritik: I, Tonya
Fies, fieser – “I, Tonya”. Das biographische Drama fasziniert durch eine spannende Lebensgeschichte, seinen schwarzen Humor und seine besondere Erzählweise. Ein absolutes Must-See!
Die Handlung
Sie war die berühmteste Person der Welt – nach Bill Clinton. Als erste Amerikanerin vollzog Tonya Harding (Margot Robbie) innerhalb eines Wettbewerbs gleich zwei sogenannte Dreifach-Axel – der anspruchsvollste Sprung im Eiskunstlauf. Ihr Name wird jedoch für alle Zeiten mit dem schlecht geplanten und stümperhaft durchgeführten Attentat auf ihre Konkurrentin Nancy Kerrigan (Caitlin Carver) in Verbindung bleiben, das ihre Erzrivalin trainingsunfähig machen und Tonya den Sieg in den amerikanischen Meisterschaften sichern sollte – doch es kam anders…
Trailer zu “I, Tonya”
Mein Fazit
Fies, fieser – “I, Tonya”. “I, Tonya” ist der Inbegriff der des schwarzen Humors. Die irrwitzige Verfilmung einer wahren Lebensgeschichte, die in einem der größten Skandale in der Welt des Sports gipfelte, brilliert durch seine fantastischen Darsteller, einem einzigartigen Drehbuch und eine herausragende Inszenierung von Regisseur Craig Gillespie (“The Finest Hours”, 2016). Das biographische Drama präsentiert dabei nicht nur eine Vision der Wahrheit, sondern lässt den Zuschauer selbst urteilen.
And the Oscar goes to…
Allison Janney (“Mom”, 2013 – 2018) wurde für ihre Darstellung von Tonyas Mutter LaVona in diesem Jahr mit dem Oscar für die beste Nebendarstellerin ausgezeichnet und das aus gutem Grund. Janney spielt die abusive und alkoholkranke Frau mit soviel Überzeugung und Hingabe, dass man diese Person einfach nur Hassen muss. Gleichzeitig gelingt es ihr aber auch die eigentlich liebevoll gemeinte Strenge hinter der harten Fassade von LaVona durchblicken zu lassen. Dennoch wischt die Schauspielerin jeden Anflug von Empathie mit dem nächsten gehässigen Spruch oder der nächsten hinterhältigen Intrige direkt wieder weg. Wer diese Frau zur Mutter hat, der braucht keine Feinde mehr. Übrigens war Janney in ihrer Jugend selbst Eiskunstläuferin, bis sie nach einem Unfall ihre Karriere beendeten musste und zum Schauspiel wechselte. Die Rolle wurde von Anfangen an für Janney, die mit Rogers eng befreundet ist, geschrieben. Ein Schachzug, der sich gelohnt hat.

Margot Robbie ist Tonya Garding
Tonya Garding war alles andere als eine kleine Eisprinzessin. Die Eiskunstläuferin wurde bereits als Kind aufgrund ihrer burschikosen Art von den anderen Kindern angefeindet. Diese rebellische Art sollte in den kommenden Jahren ihren Stil prägen, weshalb sie nie dem klassischen Image einer Eiskunstläuferin entsprach. Genau aggressive Art galt es nun von der zauberhaften Margot Robbie (“Suicide Squad“, 2016) auf die Leinwand zu bringen. Und dafür hat sich Robbie um hundertachtzig Grad gedreht. Robbie, die sonst für ihr makelloses Aussehen und ihrer Weiblichkeit bekannt ist, legt ihre Schönheit für die Rolle der Tonya Harding ab. Mit selbst genähten Kostümen, Heavy Metal Musik aber mit unfassbaren sportlichen Talent und Ehrgeiz wurde Tonya zur “Eishexe” gekürt und Robbie tut es ihr nach. Übrigens sind die Dreifach-Axels im Film durch die Kombination aus der Performance von Robbie selbst, den Einsatz von Stunt Doubles, die ihn fast beherrschten und dem Hinzufügen von digitalen Effekten entstanden. Denn zur Zeit der Aufnahmen beherrschten nur zwei US-amerikanische Eiskunstläuferinnen dieses Kunststück und beide waren zu klein. Ein weiterer Beweis dafür, was Tonya in den 1990er Jahren geleistet hat.

Der große Medienskandal
Der Angriff auf Nancy Kerrigan uferte zu einem der größten Skandale der Sportgeschichte aus. Aber mehr noch: Die Medien stürzten sich auf der Vorfall, wodurch er zum Wegbereiter für die Ära der 24-Stunden-Nachrichten im US-Kabelfernsehen wurde und dafür sorgte, dass der Auftritt der zwei Kontrahentinnen bei den Olympischen Spielen 1994 eines der Sportereignisse mit den höchsten Einschaltquoten wurde. Doch “I, Tonya” erzählt mehr als nur den Gipfel von Tonya Hardings Geschichte. Sie erzählt Tonyas ganze Geschichte, sodass der Zuschauer die Möglichkeit bekommt, sich eine ganz eigene Theorie darüber bilden kann, was wirklich passiert ist.

Von der Idee zum fertigen Drehbuch
So angesetzt ist auch das Drehbuch von Steven Rogers (“P.S. Ich liebe Dich”, 2007), der selbstgeführte Interviews mit der wirklichen Tonya Harding und ihrem Ex-Mann Jeff Gillooly als Grundlage dafür verwendete. Dabei stellte sich heraus, dass beide eine völlig unterschiedliche Schilderungen der Geschehnisse zu erzählen hatten. Die Interviewsituation hat er auch in sein Drehbuch eingebaut. Dadurch besteht der Film aus verschiedenen Sequenzen, in denen Tonya, LaVona und Jeff ihre Version der Geschichte durch die vierte Wand direkt dem Publikum erzählen und Bildern, die diese Situationen zeigen. Viele O-Töne, die im Film zu hören sind, stammen aus originalen Videoaufnahmen.

Die “wahre” Geschichte
“I, Tonya” beweist, dass Robbie ein gutes Gespür für großartige Geschichten hat. Schließlich ist sie in diesem Film nicht nur die Hauptdarstellerin, sondern auch Produzentin. Sie zeigt sich als starke, selbstbewusste Frau und beweist auch Mut zur Hässlichkeit. Die Geschichte der Tonya Harding wird durch das kluge Drehbuch aufregend und gleichzeitig ein wenig bedrohlich erzählt. Regisseur Gellispie hat verstanden, den schwarzen Humor zu adaptieren und gleichzeitig respektvoll mit Themen wie häuslicher Gewalt umzugehen. Eine skandalös Lebensgeschichte auf der Suche nach der Wahrheit, die man sich unbedingt ansehen sollte.
“I, Tonya” ab 24. August 2018 auf DVD & Blu-ray.
[…] in a Supporting Role” gewonnen. Und das wirklich zu Recht! Ich bleibe daher weiter bei meiner ersten Bewertung von 4,5 von 5 Popcorntüten. Schließlich überzeugt nicht nur LaVona, sondern auch die weitere […]